Almuth Czwikla hat in Landau Diplom-Sozialwissenschaften studiert. Sie ist außerdem geprüfte PR-Beraterin und ausgebildet in gewaltfreier Kommunikation. Nach dem Studium stieg sie 2008 als Volontärin in den Volkswagen-Konzern ein und ist - nach mehreren Stationen - heute als Head of Compliance Awareness bei VW tätig.
Frau Czwikla, wir kennen uns seit vielen Jahren – Sie waren STUPA-Präsidentin, da habe ich Sie zum ersten Mal wahrgenommen. Später haben Sie bei der Absolventenfeier 2008 zusammen mit Kommilitoninnen aus anderen Studiengängen eine fulminante Rede gehalten, 2016, anlässlich des Ehemaligen-Treffens zum 15-jährigen Jubiläums des Studiengangs „Diplom-Sozialwissenschaften“ waren Sie Festrednerin. Das sind Erinnerungen, die zu den Highlights des Alumni-Alltags gehören und so sind wir denn ganz dankbar, dass Sie bei uns in Landau studiert haben. Warum haben Sie sich seinerzeit für ein Studium an der Universität Koblenz-Landau entschieden?
Ich bin gebürtig aus dem Saarland und hatte eigentlich den Wunsch in der Ferne zu studieren, um Distanz zwischen mich und das liebgewonnene aber manchmal recht enge Saarland zu bringen. Der Aufbau und die Ausrichtung des Studiengangs „Diplom Sozialwissenschaften“ war in dieser Fächerkombination einzigartig in Deutschland und schien mir perfekt, da ich ursprünglich überlegt hatte, Journalistin zu werden. Also habe ich mich für ein Studium in Landau entschieden – letztlich dann doch keine zwei Autostunden vom Elternhaus entfernt. Erst später habe ich mir den Wunsch nach einem Studium in der Ferne mit einem Forschungssemester in Schweden erfüllt.
Das klingt spannend. Wie kam es dazu und warum gerade ein Forschungssemester in Schweden?
Ich war schon immer ein großer Schweden-Fan. Ein Austauschprogramm zwischen dem Fachbereich 6 Kultur- und Sozialwissenschaften der Universität Koblenz-Landau und der Mittuniversitetet in Schweden gab es zu der Zeit noch nicht. Das Forschungssemester habe ich gemeinsam mit einem Kommilitonen angestoßen. Nach einem Gastvortrag eines Professors aus Schweden, haben er und ich die Gelegenheit am Schopf gepackt und prompt gefragt, ob es möglich wäre, ihn in seinem Projekt zur politischen Wahlforschung zu unterstützen. Auch meine Professorin Michaela Maier war damals von der Idee begeistert. So entstand die bis heute bestehende Kooperation zwischen den beiden Universitäten. Die kleine Universität war hierbei ein Vorteil. Ich hatte die Möglichkeit mich auszuprobieren und neue Projekte ins Leben zu rufen – das habe ich an Landau sehr geschätzt.
Nun hatten Sie Auslandserfahrung gesammelt und ein erfolgreiches Studium an der Universität abgeschlossen. Wie sind Sie als Sozial- und Politikwissenschaftlerin bei Volkswagen gelandet?
Ich habe bereits während meines Studiums ein Praktikum bei VW gemacht. Während meiner Diplomarbeitszeit haben mich die damaligen Kollegen kontaktiert und mir ein Volontariat im Bereich Interne Kommunikation mit begleitender Zertifizierung zur geprüften PR-Beraterin angeboten. Auf diese Weise wurde ich am Ende doch Journalistin – nur für „interne Medien“. Der Vertrag war ursprünglich auf zwei Jahre befristet. Doch es taten sich immer wieder neue Wege auf und somit bin ich dem Konzern bis heute treu geblieben.
Sie haben eine beachtliche Karriere bei Volkswagen absolviert. Was hat Sie so lange im selben Unternehmen gehalten?
VW hat es geschafft, mich immer wieder für eine neue Aufgabe zu begeistern. Etwa alle vier Jahre bin ich in komplett neue Themen eingetaucht. Nach dem Volontariat bin ich 2010 zur Autostadt gewechselt, einer Tochter. Dort habe ich klassische PR gemacht – Pressemitteilungen und PR-Konzepte geschrieben sowie Pressekonferenzen organisiert und Journalisten betreut. 2013 hatte ich dann die Möglichkeit, als Referentin des Konzernbetriebsrats zu VW zurückzukehren und die Mitbestimmungsseite kennenzulernen. Mich reizt insbesondere die Kommunikation an „Schnittstellen“. Das setzt voraus, sich immer neues Wissen anzueignen und unterschiedliche Blickwinkel einzunehmen. Hierbei helfen mir bis heute die interdisziplinären Ansätze, politisches Verständnis und Methodiken aus dem Studium – manchmal übrigens auch die aus dem Impro-Theater, einem privaten Hobby.
Nun haben Sie den Posten der Head of Compliance Awareness bei der Volkswagen Gruppe inne. Was ist unter „Compliance Awareness“ zu verstehen?
Im Bereich Group Compliance, zu dem wir gehören, geht es im Grunde darum, das Unternehmen und die Belegschaft vor strukturellem Fehlverhalten zu bewahren. Also mit guten internen Regelungen und Prozessen dafür zu sorgen, dass Gesetze eingehalten werden und Folgen von schwerem Fehlverhalten, wie Strafzahlungen oder Imageschäden vermieden werden. Bildlich gesprochen bauen wir die Leitplanken am Abgrund, damit die operativen Bereiche sicher und schnell unterwegs sein können.
Das kann ganz schön trocken und juristisch werden. Mein Team und ich sind sozusagen die Übersetzer von juristischen Vorgaben in leicht verständliche Inhalte. Unser Ziel ist es, die Belegschaft für das Thema Compliance, Regeleinhaltung und die Prinzipien unseres Code of Conducts zu sensibilisieren – am besten so, dass sie daran sogar Spaß findet.
Deshalb sind für meine Arbeit Kreativität, Empathie, und interdisziplinäres Denken unabdingbar. Und es bleibt spannend, denn Herausforderungen der heutigen Zeit, wie Digitalisierung, Verantwortung für Lieferketten, Transformation der Industrie beschäftigen uns täglich. Und wir müssen dafür Lösungen finden und weltweit mit vielen Marken, wie Audi, Porsche, SEAT, Skoda, um nur einige zu nennen, umsetzen. Da sind übrigens auch gute Englischkenntnisse Pflicht.
Das Sommersemester hat gerade begonnen. Gibt es etwas, das Sie den jungen Studierenden mit auf den Weg geben möchten?
Ich bin stets meiner Neugier gefolgt, dem Wunsch Neues zu lernen und zu gestalten. Ein Studium in den Sozial- und Kommunikationswissenschaften gibt zwar kein klares Berufsbild vor, aber das interdisziplinäre Handwerk ist kostbar und vielseitig einsetzbar. Absolventinnen und Absolventen dieses Studiengangs können mit Selbstbewusstsein auf dem Arbeitsmarkt auftreten. Interdisziplinäres Denken, ein Verständnis für das Funktionieren moderner Gesellschaften und eine gute Kommunikation sind gefragte Qualitäten. Ich glaube, dass wir aktuell oft merken, dass die „alten Rezepte“ nicht mehr funktionieren – deshalb bin ich kein Fan von Ratschlägen.
„Wege entstehen, indem man sie geht“ – davon bin ich überzeugt. Und ich glaube, wer seine eigenen Stärken und Talente gut kennt und sich dorthin orientiert wo Arbeit wirklich Spaß macht, kommt am besten in seine persönliche Wirksamkeit. Wer dafür jederzeit offen bleibt und die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen mitbringt, findet sicher einen guten Weg für sich.
Gerne stehe ich als Sparringspartner für Fragen und Ideen Studierenden und Absolvent:innen via LinkedIn zur Verfügung https://www.linkedin.com/in/almuthczwikla/ .
Das ist ein tolles Angebot! An dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön für das spannende Gespräch und alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft.
Die Fragen stellten Heidemarie Komor und Amélie Braun

Foto Quelle: Almuth Czwikla